Zugleich blicken viele Betriebe aber skeptisch in die Zukunft, da einige wirtschaftliche Belastungsfaktoren erst im zweiten Halbjahr voll wirksam werden dürften. In der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammern Flensburg und Lübeck berichteten 61 Prozent der Handwerksbetriebe von einer guten, 31 Prozent von einer befriedigenden und 8 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Gegenüber dem Vorquartal hat sich die Geschäftslage im Handwerk somit verbessert (erstes Quartal 2022: 55, 36 und 9 Prozent). Auch die Auftragslage, die Investitionen und die Beschäftigungssituation erwiesen sich als stabil.
„Die Situation im Handwerk stellt sich damit aktuell besser dar, als wir es vor drei Monaten erwartet haben“, erklärt Ralf Stamer, Präsident der Handwerkskammer Schleswig-Holstein. Die verhaltenen Prognosen von Ende März/Anfang April waren stark von der Befürchtung geprägt, dass die wirtschaftlichen Probleme durch den russischen Angriff auf die Ukraine kurzfristig zu einem Abschwung im Handwerk führen könnten. „Im zweiten Quartal konnten aber vor allem die Gewerke des Bau- und Ausbauhandwerks weiter von einem soliden Auftragsbestand zehren“, so Stamer. Dies bedeute aber nicht, dass die schlechtere gesamtwirtschaftliche Lage für das Handwerk folgenlos geblieben sei. Die teure Energie sowie anhaltende Preissteigerungen und Lieferprobleme bei Materialien und Vorprodukten machten grundsätzlich allen Handwerksbetrieben zu schaffen. „Liefertermine und Preise für Materialien, die vom Handwerk benötigt werden, sind zurzeit kaum berechenbar“, erläutert Stamer. „Daraus ergeben sich für die Betriebe Probleme bei der Preiskalkulation und bei der Auftragserfüllung. Termine müssen ständig umdisponiert werden, was unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich belastet.“
Erwartungen für die nächsten Monate
Die derzeit vergleichsweise gute Geschäftslage des Handwerks sei kein Anlass, mit besonderem Optimismus in die nahe Zukunft zu blicken. „Bisher bemerken wir erst bei einem Teil unserer Kunden, dass diese aufgrund der gestiegenen Inflation bei der Auftragserteilung zurückhaltender werden“, betont Ralf Stamer. „Da wir aber kein Ende der Preissteigerungen bei Energie und Rohstoffen sehen und inzwischen auch die Kreditzinsen deutlich ansteigen, besteht bei unseren Betrieben große Verunsicherung über die weitere Entwicklung.“
Für das dritte Quartal 2022 rechnen 71 Prozent der Handwerksbetriebe mit einer gleichbleibenden Entwicklung. 21 Prozent erwarten eine Verschlechterung, aber nur 8 Prozent eine Verbesserung der Geschäftslage.
Die Ergebnisse aus den beiden Kammerbezirken
Im Kammerbezirk Flensburg (kreisfreie Stadt Flensburg sowie Kreise Dithmarschen, Nordfriesland, Rendsburg-Eckernförde und Schleswig-Flensburg) sprachen 67 Prozent der Befragten von einer guten, 27 Prozent von einer befriedigenden und 6 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Getragen wurde das recht erfreuliche Ergebnis insbesondere vom Bauhauptgewerbe (80 Prozent gut, 20 Prozent befriedigend) und vom Ausbauhandwerk (67 Prozent gut, 18 Prozent befriedigend und 5 Prozent schlecht). Aber auch in den übrigen Gewerbegruppen fielen die Umfragewerte zur Geschäftslage durchaus zufriedenstellend aus. Das zeigten die Beurteilungen der Handwerke für den gewerblichen Bedarf (33, 67 und 0 Prozent), des Kraftfahrzeughandwerks (36, 57 und 7 Prozent), der Nahrungsmittelhandwerke (33, 45 und 22 Prozent), der Gesundheitshandwerke (45, 33 und 22 Prozent) sowie der personenbezogenen Dienstleistungshandwerke (43, 29 und 28 Prozent). Bezogen auf das Gesamthandwerk blieb die Beschäftigtenzahl konstant. Der Auftragsbestand wurde überwiegend mit „befriedigend“ beurteilt. Als unverändert hoch wurde das Preisniveau gemeldet: 92 Prozent der Betriebe berichteten von gestiegenen Einkaufspreisen und 75 Prozent von gestiegenen Verkaufspreisen. Das Investitionsniveau ist hingegen leicht gesunken.
Im Kammerbezirk Lübeck (kreisfreie Städte Kiel, Lübeck und Neumünster sowie Kreise Herzogtum Lauenburg, Ostholstein, Pinneberg, Plön, Segeberg, Steinburg und Stormarn) meldeten 57 Prozent der Betriebe eine gute, 34 Prozent eine befriedigende und 9 Prozent eine schlechte Geschäftslage. Auch hier kamen die positivsten Einschätzungen aus dem Bauhauptgewerbe (83 Prozent gut, 17 Prozent befriedigend) und aus dem Ausbauhandwerk (74 Prozent gut, 22 Prozent befriedigend, 4 Prozent schlecht). In den weiteren Gewerbegruppen wurde auch im Handwerk für den gewerblichen Bedarf von einer weitgehend guten Geschäftslage gesprochen (46, 38 und 16 Prozent). Überwiegend als befriedigend wurde die Geschäftslage im Kraftfahrzeughandwerk (40, 53 und 7 Prozent), in den personenbezogenen Dienstleistungshandwerken (34, 53 und 13 Prozent), im Nahrungsmittelhandwerk (33, 47 und 20 Prozent) sowie im Gesundheitshandwerk (36, 46 und 18 Prozent) eingeschätzt. 58 Prozent der Betriebe berichteten von gestiegenen Verkaufspreisen. Auftragsbestände, Investitionen und Beschäftigtenzahlen blieben weitgehend auf dem Niveau des Vorquartals.